Interview mit Prof. Scott Galloway: Die Auswirkungen von KI und neuen Playern auf die „Big Four“.

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Interview mit Prof. Scott Galloway: Wie KI und neue Player die Big Four herausfordern – und wie Inhalte viral werden

Einleitung: Grundthesen aus The Four

Scott Galloways Bestseller "The Four: The Hidden DNA of Amazon, Apple, Facebook, and Google", das im Jahr 2017 erschien, analysierte die beispiellose Dominanz der vier größten Technologieunternehmen der Welt: Amazon, Apple, Facebook (heute Meta) und Google (Alphabet).

Galloway zeigte auf, wie diese Firmen nicht nur Märkte dominierten, sondern unser Leben, unsere Entscheidungen und sogar unsere Kultur nachhaltig prägten.

Seine zentralen Thesen im Buch:

  1. Amazon beherrscht den E-Commerce durch unübertroffene Logistik und Kundenorientierung.
  2. Apple ist die weltweit profitabelste Marke und hat mit seinen Geräten einen Kultstatus erreicht.
  3. Facebook (Meta) verbindet Menschen weltweit, monetarisiert Emotionen und soziale Beziehungen.
  4. Google ist die Schnittstelle zu fast allem Wissen der Welt und dominiert die Suchmaschinenwerbung.

Doch seit der Veröffentlichung hat sich die Welt verändert. Der Aufstieg von KI, neuen Plattformen wie TikTok und Innovationen wie ChatGPT stellt diese Giganten vor neue Herausforderungen – und zwingt sie, ihre Positionen neu zu definieren. In unserem Gespräch mit Prof. Scott Galloway werfen wir einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und fragen, wie sich das Machtgefüge in der Tech-Welt verschiebt – und welche Rolle Viralität in diesem Kontext spielt.

Google unter Druck: Konkurrenz von KI-Suchmaschinen

Björn Mayer (VIRALLY): Google war lange die unangefochtene Nummer eins in der Suche. Jetzt tauchen KI-gestützte Suchmaschinen wie Perplexity oder Bing mit ChatGPT auf. Ist Google hier gefährdet?

Scott Galloway: Absolut, und das war vor ein paar Jahren noch undenkbar. KI hat das Konzept der Suche revolutioniert. NutzerInnen wollen heute keine 10 blauen Links mehr – sie wollen präzise Antworten. Das ist Googles größter Albtraum, denn ihr Geschäftsmodell basiert darauf, dass NutzerInnen auf Anzeigen klicken, die neben den Suchergebnissen stehen.

Perplexity oder You.com zeigen, wie schnell neue Sucherlebnisse entstehen können. Microsoft mit Bing ist besonders gefährlich, weil sie enorm investiert haben, um KI-gestützte Suche durch ChatGPT in ihr Ökosystem zu integrieren. Und sie haben nichts zu verlieren – Bing hatte vorher nur 3% Marktanteil.

Google muss jetzt nicht nur mit Bard und KI-gestützter Suche reagieren, sondern auch sicherstellen, dass sie weiterhin Werbeeinnahmen generieren können, ohne die Nutzererfahrung zu zerstören.

Bing: Vom Underdog zur KI-gesteuerten Suchmaschine

Björn Mayer: Microsofts Bing wurde oft belächelt, aber durch die Integration von ChatGPT scheint es an Relevanz zu gewinnen. Kann Bing langfristig mit Google konkurrieren?

Scott Galloway: Microsoft spielt das Spiel mit einer unglaublich klugen Strategie. Bing hatte lange keine Relevanz, aber mit ChatGPT hat Microsoft eine massive Differenzierung geschaffen. NutzerInnen, die heute KI-gestützte Antworten suchen, probieren Bing aus – und das allein ist schon ein Erfolg.

Microsofts Stärke liegt auch darin, dass sie Bing in ihre anderen Produkte wie Office 365 Copilot integrieren. Es geht nicht nur um Suche – es geht um ein ganzes Ökosystem. Sie nutzen KI, um die Produktivität zu verbessern, und das ist eine direkte Bedrohung für Google.

TikTok und TikTok Shopping: Die neue Plattformökonomie

Björn Mayer: Ein weiterer großer Player ist TikTok, das mit seinem Algorithmus neue Maßstäbe für Content-Distribution gesetzt hat. Mit TikTok Shopping dringt es nun in den E-Commerce ein. Welche Bedrohung stellt TikTok für Amazon, Meta und Co. dar?

Scott Galloway: TikTok ist der Elefant im Raum, den viele unterschätzen. Es ist die erste Plattform seit Jahren, die es geschafft hat, die "Big Four" direkt herauszufordern. Warum? Weil TikToks Algorithmus Inhalte basierend auf Interessen und Verhalten ausspielt – und das extrem präzise.

Mit TikTok Shopping machen sie jetzt Amazon Konkurrenz, indem sie die User Journey verkürzen: Vom Video direkt zur Transaktion. Das ist besonders attraktiv für Marken, die Millennials und Gen Z erreichen wollen.

Für Meta ist TikTok ebenfalls eine massive Bedrohung, weil sie den Social-Media-Markt dominieren. Reels auf Instagram ist zwar eine Antwort, aber TikTok hat den Vorteil, dass es kulturell führend ist – junge Menschen sehen TikTok als authentischer an.

Wie Inhalte viral werden: Scotts persönliche Erfahrung

Björn Mayer: Sie haben selbst einmal gesagt, dass niemand den Code für Viralität wirklich geknackt hat. Dennoch: Sie hatten einen Moment, in dem etwas von Ihnen viral ging – ein E-Mail-Austausch mit einem Studenten. Können Sie das erzählen und was Sie daraus gelernt haben?

Scott Galloway: Klar, das war ein unerwartetes Erlebnis. Ein Student war zu spät zu meiner Vorlesung erschienen, und ich bat ihn, die Klasse zu verlassen. Später erhielt ich eine E-Mail von ihm, in der er sich darüber beschwerte. Ich antwortete ziemlich direkt und in einem etwas frechen Ton. Ich habe die Namen entfernt und die Korrespondenz dann an die gesamte Klasse geschickt – unter dem Titel "This is the late policy".

Innerhalb von 12 Stunden ging es viral. Ich bekam alle zwei bis drei Sekunden E-Mails, und irgendwann hat mein Postfach fast aufgegeben.

Warum wurde das viral?

  • Es war authentisch: Die E-Mail war roh, unproduziert und direkt.
  • Es war kontrovers: Es gab zwei Lager: Diejenigen, die fanden, dass ich falsch lag, und diejenigen, die dachten, dass Gen Y zu erwartungsvoll geworden ist.
  • Es traf einen Nerv: Bildung ist teuer, und viele Menschen hatten starke Meinungen zu den Erwartungen der Studierenden und der Rolle von Universitäten.

Am Ende ging es nicht nur um eine E-Mail, sondern um ein größeres Thema, das viele Menschen bewegt hat. Viralität entsteht oft, wenn etwas gleichzeitig emotional, relevant und kontrovers ist.

Die neue Realität: Geschwindigkeit und Agilität entscheiden

Björn Mayer: KI beschleunigt nicht nur Technologien, sondern auch die Verbreitung von Ideen. Glauben Sie, dass Unternehmen – und auch Inhalte – schneller viral werden müssen, um relevant zu bleiben?

Scott Galloway: Absolut. Die Geschwindigkeit, mit der sich Ideen verbreiten, ist atemberaubend. TikTok ist ein perfektes Beispiel dafür: Der Algorithmus entscheidet in Sekunden, was viral wird. Unternehmen müssen darauf vorbereitet sein, nicht nur schnell zu reagieren, sondern auch die richtigen Inhalte zur richtigen Zeit zu liefern.

Fazit: Die Zukunft der Big Four und die Macht der Viralität

KI und neue Plattformen wie TikTok und Bing haben das Spielfeld neu definiert. Die "Big Four" müssen ihre Strategien anpassen, um relevant zu bleiben – doch die Macht von authentischem, viralem Content bleibt ungebrochen.

Björn Mayer: Prof. Galloway, was nehmen wir mit?

Scott Galloway: Authentizität, Emotionen und Relevanz sind der Schlüssel zu Viralität – sei es für Unternehmen, Einzelpersonen oder Ideen. Und KI ist der Katalysator, der alles noch schneller macht. Die Frage ist: Wer hat den Mut, sich anzupassen?

Über den Autor:

Björn Mayer

Björn Mayer ist Gründer und Geschäftsführer von VIRALLY, der ersten und einzigen Growth Marketing-Agentur im D-A-CH-Raum, die sich exklusiv auf Referral Marketing konzentriert. Björn implementiert mit seinem Team virale Wachstumsstrategien für innovative Start-ups und eCommerce-Unternehmen. Björn hat Frameworks und Systeme wie den Proof-of-Virality, die Virale Company, Viral Offers und viele mehr entwickelt und perfektioniert.